Lesen Sie etwas über die Bedeutung von Schmerz und den Zusammenhang von Körperprozessen und Emotionen. Sie erfahren, wann ein Schmerz zur Krankheit werden kann und was Lernen damit zu tun hat.
Der Schmerzsinn
Ob wir einen Schmerzreiz erfahren und wie wir ihn erleben, ist nicht dasselbe. Der Schmerzsinn als körperliche Empfindung wird Nozizeption genannt. Damit ist die neutrale Schmerzwahrnehmung (von lat.: nocere=schaden) gemeint, deren Sensoren in den Körpergeweben Nozizeptoren heißen. Erleben wir Schmerzen in Verbindung mit intensiven Emotionen, entsteht daraus in unserem Gehirn unser individuelles Schmerzempfinden. Das Phänomen Schmerz gehört zu unserem täglichen Leben. Abgesehen von äußerst seltenen Fällen angeborener Schmerzunempfindlichkeit ist kein Mensch ohne Schmerzerfahrungen. Sie sind lebenswichtig, denn sie weisen uns gewissermaßen auf unsere jeweiligen Grenzen hin. Ohne den Sinn für Schmerzempfinden haben wir kein Gefühl dafür, wo wir selbst aufhören und etwas oder jemand anderes anfängt.
Schmerz ist ein Lebenszeichen (wie Atmung, Puls, Blutdruck und Körpertemperatur) und hat eine wichtige Warnfunktion. Manchmal macht die entsprechend Stress. Wie ein Schmerz empfunden wird, ist immer subjektiv: Es hängt von der persönlichen Konstitution eines Menschen, seinen Erfahrungen und von den äußeren Umständen ab. Je länger der Schmerz andauert, desto mehr seelische und körperliche Funktionen werden einbezogen. Je mehr Lebensbereiche durch den Schmerz eingeschränkt werden, desto stärker wandelt sich der Schmerz vom reinen Symptom (akuter Schmerz) zur (Schmerz-)Krankheit selbst.
Wie Schmerz zur Krankheit wird
Der Moment, in dem Schmerzen chronisch werden können, ist der, in dem der Schmerzreiz vorüber ist, aber der Alarm weiterhin aufgeschaltet bleibt. Schmerz ist ein sehr komplexes Warnsignal: Unsere seelische Verfassung ist daran ebenso beteiligt wie unsere Empfindlichkeit gegenüber Stress oder wie unsere Umwelt.
Dauern Schmerzen länger als 3-6 Monate an, besteht die Gefahr, dass sie chronifizieren. Der Begriff chronisches Schmerzsyndrom beschreibt einen Schmerz, der seine eigentliche Warnfunktion verloren und einen selbständigen Krankheitswert erhalten hat. Solche Schmerzen sind häufig Ausdruck funktioneller Störungen, die diagnostisch keine organische Ursache finden lassen. Man betrachtet sie nicht mehr allein als körperliches Phänomen, sondern als fehlgeleiteten Lernvorgang. Geht ein Schmerzereignis mit starken Emotionen einher, wird es dauerhaft gespeichert. Es ist heute bekannt, dass u.a. das Angstzentrum im Gehirn regelmäßig bei der Entwicklung chronischer Schmerzen beteiligt ist. Es gibt Grund zur Annahme, dass es sich hierbei um eine Art vollständige oder teilweise Schreck- oder Schockstarre des Körpers handelt, wie sie auch beim Totstellreflex aus dem Tierreich bekannt ist. Man spricht hierbei von tonischer Immobilität.
Schmerzempfinden und Gefühl
Schmerz ist ein starkes Wort und löst die unterschiedlichsten Gefühle aus. Physiologisch hat er eine wichtige Funktion: Durch akutes Aufbegehren des Köpers will Schmerz uns vor Gefahr schützen, durch Unwohlsein oder Missempfindungen will er uns warnen. Im Kern geht es dabei immer um die Wahrung unserer Integrität. Wie eng unser Körper mit unserem Innersten zusammenhängt, wird klar, wenn wir uns bewußt machen, dass Gefühle wie Angst, Trauer, Ekel, Wut, Freude usw. immer auch mit einer körperlichen “Sensation” einhergehen. Gleichzeitig sind Körperprozesse immer auch mit Emotionen verknüpft.
Genauso wie negative Emotionen das Schmerzempfinden beeinflussen, können psychische Vorgänge neurobiologisch die Weiterleitung von Schmerzsignalen auch hemmen. Es gibt heute zahlreiche Untersuchungen, die bestätigen, daß wir durch regelmäßiges Üben von Achtsamkeit und Entspannung die Schmerzwahrnehmung so modulieren können, daß unsere Schmerztoleranz steigt und wir mit Schmerzen besser umgehen können. Auch zwischenmenschliche Kontakte wirken sich auf Schmerz- und Stressempfinden aus. In einigen Situationen ist die medikamentöse Schmerzbehandlung indiziert und sinnvoll. Und doch bringen trotz jahrzehntelanger Forschung Schmerzmittel auch heute weder angemessene Linderung, noch führen sie zu einem gesunden Umgang mit Schmerz. Darum sind Methoden, die Körperwahrnehmung und Selbst-bewußt-Sein fördern, in der Schmerztherapie wichtig und hilfreich. Neben der akuten Schmerzlinderung helfe ich Ihnen, die Spur zu Ihrem persönlichen Umgang mit Schmerz herauszufinden und geeignete Hilfen zu entwickeln, damit Sie auf Ihre individuellen Ressourcen zurückgreifen können.
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