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Spirale

In der Geometrie beschreibt die Spiralform eine Kurve, die um einen Punkt oder eine Achse verläuft und sich je nach Perspektive vom Betrachter entfernt oder sich ihm nähert. Die Spirale hat einen bedeutenden Stellenwert in Physik und Biologie und damit für bewegtes Leben schlechthin. Auch Bewegung  vollzieht sich ökonomischerweise meist in Spiralen und Lemniskaten (schleifen- bzw. achtförmige Kurve, von gr.: lemniskos=Schleife). Einfache Beispiele für die Spiralform: Wasser- oder Wolkenwirbel, dem Licht entgegenstrebendes Pflanzenwachstum. Und für Lemniskaten: Die Bewegung des Flügelschlags des Vogels oder der dynamische Gang des Menschen.

Die hermeneutische Spirale ist ein Lernmodell aus dem Bereich der Integrativen Therapie nach Petzold. Sie beschreibt das Lernen als dynamischen und mehrdimensionalen Prozess durch vier Stufen in spiralförmig immer wiederkehrender, weiterführender Vorwärtsbewegung:

Wahrnehmen → Erfassen → Verstehen → Erklären

Hermeneutisch (von gr.: hermeneuein=deuten, interpretieren) bedeutet hier, seine Gedanken, Handlungen und Werke (entsprechend der „Teile“ der Summe eines Ganzen) und damit auch das menschliche Dasein (die „Summe“ selbst) zu verstehen. Schon Aristoteles brachte es auf den Punkt: „Die Summe des Ganzen ist mehr als seine Teile!“ Von Hermeneutik im Zusammenhang mit Therapie spricht man, wenn das Wahrnehmen, Erfassen und Verstehen der Beteiligten (z.B. Patient und Arzt/Klient und Therapeut) über die  Symptome, ihre Zusammenhänge und die Empfindungen dazu  immer tiefer dringt und sich auch der Patient im Verlauf des therapeutischen Prozesses selbst immer besser verstehen kann.

Lernen als Entwicklungsprozeß im Sinne der hermeneutischen Spirale bedeutet, daß wir uns zwar immer wieder an den gleichen (nicht an den selben!) Stellen/Themen einfinden, jedoch niemals auf gleicher Höhe oder der selben Stufe. „Man steigt nie zweimal in denselben Fluß“ (chinesische  Weisheit) oder „panta rhei“ (nach Heraklit: altgr.=alles fließt): Mit jedem Augenblick befinden wir uns auf einer neuen Ebene. Zwar kann das Bild der Spirale auch an eine Abwärtsspirale denken lassen. Dennoch bleibt es – man drehe es, wie man wolle – immer bei einer Vorwärtsbewegung, denn wo die Nase hinweist, ist immer vorn. (Das Bild der Nase ist hierbei keineswegs aus der Luft gegriffen, sie ist wichtiges Orientierungsorgan: Der Geruchssinn ist der älteste Teil des Gehirns und als sogenanntes Riechhirn völlig anders aufgebaut als die anderen rezeptiven Felder. Der Geruchssinn ist direkt mit der zentralen Schaltstelle Hippocampus und dem limbischen System verbunden.)

In der Rettungsschwimmerei lernt man, wie mit Wasserwirbeln, die einen in die Tiefe saugen, umzugehen ist: Die Ruhe bewahren und sich dem Sog anvertrauen, bis man auf den Grund gelangt. Denn von dort kann man sich abstoßen und mit der Umkehrkraft des Soges (=Schub) wieder auftauchen. Damit ist die Spirale das Gegenteil eines Circulus vitiosus (=Teufelskreis, Zirkelschluß).

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